Wasser und Fettbrand: Regressverzicht in der Feuerversicherung ?

Unlängst hatte ich folgenden spannenden Fall zu bearbeiten. Ein junger Mann kam ziemlich verzweifelt zu mir in die Kanzlei, in der Hand ein Zahlungsbefehl. Darin wurde er von einer Versicherung auf einen 5-stelligen Betrag geklagt. Für ihn eine Existenzbedrohung.

Was war passiert? Er wohnte in einem Studentenwohnheim, das mit einer Küchenzeile in seinem Zimmer ausgestattet war. Er kochte nicht oft und wollte sich eines Nachmittags French Toast machen, den er so auch immer von seiner Mutter daheim bekommen hatte. Er schüttete also Öl in eine Pfanne und drehte die Temperatur des Herds voll auf. Das Öl entzündete sich ziemlich plötzlich und er versuchte den aufkommenden Brand mit Wasser zu löschen. Keine gute Idee! Es kam zu einer riesigen Stichflamme, der Dunstabzug fing Feuer und es blieb also nichts mehr Anderes übrig, also die Feuerwehr zu rufen und schnell das Weite zu suchen.

Das Studentenwohnheim hatte natürlich eine gute Feuerversicherung, die den Schaden deckte. Damit gingen die allfälligen Ansprüche des Studentenwohnheims gegen meinen Mandanten auf den Versicherer gemäß § 67 VersVG über. Was uns wieder zu besagtem Zahlungsbefehl führt.

Ich wusste zu diesem Zeitpunkt noch nicht, welche Bedingungen konkret auf den Versicherungsvertrag anwendbar waren und stützte mich daher auf eine Version, die einen Regressverzicht enthalten hat. Konkret war gemäß dieser Bestimmung vorgesehen, dass der Versicherer auf den Regressanspruch verzichtet, wenn sich der Anspruch gegen einen Wohnungsmieter des versicherten Gebäudes richtet soweit der (i) Mieter die Prämie ganz oder teilweise getragen hat und diesem (ii) nur leichte fahrlässige Schädigung vorzuwerfen ist.

Zu diesen Punkten brachte ich vor,

  • dass mein Mandant einen Teil der Prämie der gegenständlichen Feuerversicherung als Nebenkosten seines Benützungsentgelts für das Zimmer im Studentenheim bezahlt habe sowie
  • dass ihm an dem Feuer gar kein Verschulden traf bzw wenn, dann nur leichte Fahrlässigkeit. Er hatte das Wasser als Kurzschlussreaktion in die Pfanne geschüttet und hatte damals keine Kenntnis darüber, dass man Fettbrände nicht mit Wasser löschen konnte (aber würde sich dies jetzt für immer merken).

Im vorbereitenden Schriftsatz kam dann die böse Überraschung: Die tatsächlich vereinbarten Bedingungen sahen überhaupt keinen Regressverzicht vor!

In Österreich liegt zu diesem Thema eindeutige Rechtsprechung des OGH vor. Das neueste Urteil zu diesem Thema stammt allerdings aus dem Jahr 1999 (7 Ob 34/99x). Der OGH vertritt die Position, dass der Regress des Versicherers gegen den Mieter selbst dann zulässig ist, wenn dieser die Prämie der Feuerversicherung anteilig getragen hat. Der Schutzbereich der Sachversicherung dürfe nicht ausgedehnt werden und zu einer Haftpflichtversicherung des Mieters gemacht werden. Soweit die anwendbaren Versicherungsbedingungen daher keinen Regressverzicht vorsehen, ist ein Regress gegen den Mieter möglich.

Interessanterweise sieht das der deutsche BGH jedoch anders. Dieser vertritt in ständiger Rechtsprechung, dass dem Mieter im Rahmen des Gebäudesachversicherungsvertrages des Vermieters ein Regressverzicht des Versicherers zugutekomme. Dieser Regressverzicht sei mittels ergänzender Vertragsauslegung stillschweigend gewonnen und gelte bei leicht fahrlässiger Schadensherbeiführung. Der BGH argumentiert, dass sich dies aus dem offenkundigen, dem Versicherer ohne weiteres erkennbaren Interesse des Vermieters ergebe, den Mietvertrag mit seinen Mietern so gut es geht von Streitigkeiten freizuhalten. Eine Regressklage des Versicherers würde diesem Interesse zuwiderlaufen (vgl Kath/Kronsteiner/Reisinger/Wieser,Versicherungsvertragsrecht, Bd 1 Rz 1466ff).

Zusammengefasst ist dem BGH der Frieden zwischen Vermietern und Mietern offensichtlich ein größeres Anliegen als dem OGH.

Ich stützte mich in meinem weiteren Schriftsatz natürlich auf die aktuellere Rechtsprechung des BGH. Meine Hoffnungen, dass das durchgehen würde, waren allerdings begrenzt.

Ich werde nie erfahren, wie es ausgegangen wäre. Nachdem der Versicherer auch kein Interesse daran hatte, die Existenz eines jungen Mannes zu vernichten, wurde ein sehr kulanter Vergleich geschlossen.

Die Fragen (hat mein Mandant leicht oder grob fahrlässig gehandelt? Muss man wissen, dass Fettbrände nicht mit Wasser gelöscht werden können? Kann es einen konkludenten Regressverzicht des Versicherers geben?) bleiben aber allemal spannend!